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Samstag, 13. Dezember 2008

"Zuviel Denglisch in der Sprache" (und einige Überlegungen zu ausländischen Wörtern überhaupt)

"Die Verbraucherzentrale hat den Gebrauch englischer Phrasen in der Werbung scharf kritisiert. Deutsch macht sich Untersuchungen zufolge beim breiten Publikum besser als "Denglisch", die Mischung aus Englisch und Deutsch." Artikel weiterlesen

Nun ja, das wusste ich schon, auch ohne diese Untersuchung, bei der sich ergab, dass nur 30 Prozent der befragten Deutschen den Reklamespruch von Audi „Driven by Instinct“ verstanden haben. Korrekt übersetzen konnten ihn nur 22 Prozent. Aber was bemerkenswert ist, ist der Einwand von Volker Nickel vom Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft zur Ablehnung des Denglischen: „‘Wer definiert, was Deutsch genau ist?' Fast 25 Prozent der deutschen Wörter hätten einen ausländischen Ursprung. Und selbst ohne Fremdwörter seien viele Texte – gerade in der Politik – unverständlich." – Wäre auch eine gute Frage für den Antrag der CDU/CSU-Fraktion, nicht wahr? –

Nur – wie kommt der gute Herr Nickel auf einen Prozentsatz von "fast 25 %"? Man beachte das "fast". Es bedeutet laut Duden annähernd, beinahe, es hätte nicht viel gefehlt, nahezu, schier, um Haaresbreite. Wollte er den genauen Prozentsatz nicht sagen, weil er 23,59555 beträgt? Oder weiß er ihn nicht? Fast ist nämlich ein gutes Wort, wenn man fast nichts zu sagen hat. REINERS nennt es Angstwort, denn es wird verwendet, um eine Behauptung zurückzunehmen oder abzuschwächen, oder Leimwort, weil es eine Gedankenlücke verschleiert. LESSING sagt dazu: "Das fast ist ein recht nützliches Wörtchen, wenn man etwas Ungereimtes sagen und auch nicht sagen will."

Wie auch immer: Die Frage ist doch, was Herr Nickel mit "Wort ausländischen Ursprungs" meint. Wie sieht es dann mit Wörtern aus sogenannten toten Sprachen aus? Mit Fenster oder Erzfeind, ein Wort, bei dem ein Teil aus dem Griechischen kommt? Und wie sieht es mit Nase, Mauer oder Ziegel aus?

Wie sagt Konfuzius so schön:
Wenn die Sprache nicht stimmt, so ist das, was gesagt wird, nicht das, was gemeint ist. Ist das, was gesagt wird, nicht das, was gemeint ist, so kommen die Werke nicht zustande. Kommen die Werke nicht zustande, so gedeihen Moral und Kunst nicht. Gedeihen Moral und Kunst nicht, so trifft die Justiz nicht. Trifft die Justiz nicht, so weiß das Volk nicht, wo hin Hand und Fuß setzen. Also dulde man keine Willkür in den Worten. Das ist alles, worauf es ankommt.
Wo Herr Nickel recht hat, hat er recht. Vieles, was die Politiker sagen, ist schwer verständlich. Aber ich habe noch keinen Politiker gehört, der bei seinen Reden oder Statements oder Äußerungen auf "ausländische" Wörter verzichtet.

Tja, jetzt bin ich sozusagen vom Hündchen auf Stöckchen gekommen, von ausländischen Wörtern übers Wörtchen fast, übers Fenster bis hin zu Konfuzius. Dabei wollte ich eigentlich nur auf den Artikel "Zuviel Denglisch in der Sprache" verweisen: www.tagesspiegel.de/wirtschaft/Denglisch-Werbung;art271,2682652. Der Tagesspiegel und Herr Nickel mögen es mir verzeihen.

Ach ja, um zu dem Prozentsatz zu kommen: Er lässt sich gar nicht feststellen. Denn um zu bestimmen, was ein ausländisches (ach, ich liebe diesen Ausdruck) Wort ist, muss man sich über die Begriffe einigen, zum Beispiel: Was ist überhaupt ein Wort? Was ist ein Wortschatz, und was gehört darein? Wie definiert man, was ein Wort aus einer anderen Sprache ist?

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