Es wird mit Recht ein guter Braten
Gerechnet zu den guten Thaten;
Und daß man ihn gehörig mache,
Ist weibliche Charaktersache.
Ein braves Mädchen braucht dazu
Mal erstens reine Seelenruh,
Daß bei Verwendung der Gewürze
Sie sich nicht hastig überstürze.
Dann zweitens braucht sie Sinnigkeit,
Ja, so zu sagen, Innigkeit,
Damit sie Alles appetitlich,
Bald so, bald so und recht gemüthlich
Begießen, drehn und wenden könne,
Daß an der Sache nichts verbrenne.
In Summa braucht sie Herzensgüte,
Ein sanftes Sorgen im Gemüthe,
Fast etwas Liebe insofern,
Für all die hübschen, edlen Herrn,
Die diesen Braten essen sollen
Und immer gern was Gutes wollen.
Ich weiß, daß hier ein Jeder spricht:
Ein böses Mädchen kann es nicht.
Drum hab ich mir auch stets gedacht
Zu haus und anderwärts:
Wer einen guten Braten macht,
Hat auch ein gutes Herz.
Wilhelm Busch
(In Kritik des Herzens. Bassermann 10. Aufl. 1907, S. 25)
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vor 5 Jahren
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