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Donnerstag, 23. Oktober 2008

Zitate übers Lesen

In Büchern liegt die Seele aller gewesenen Zeit; die artikulirte hörbare Stimme der Vergangenheit, wenn ihr Leib und dingliches Wesen gänzlich wie ein Traum verschwunden ist. Mächtige Flotten und Heere, Häfen und Zeughäuser, weite Städte, kühn gebaut, kunstreich, – sie sind kostbar, groß, aber was wird aus ihnen? Agamemnon, die vielen Agamemnone, Perikles, und ihr Griechenland; das ist alles zu wüsten Trümmern zerfallen, stumme traurige Steinhaufen und Blöcke; aber die Bücher Griechenlands! Hier lebt buchstäblich das wahrhaftige Griechenland für jeden Denker; kann wieder ins Leben zurückgerufen werden. Keine zauberwirkende Rune ist wunderbarer als ein Buch. Alles, was die Menschheit gethan, gedacht, erlangt hat oder oder gewesen ist: es liegt wie in zauberartiger Erhaltung in den Blättern der Bücher aufbewahrt. Sie sind das auserlesene Besitzthum der Menschen. (Thomas Carlyle, Über Helden, Heldenverehrung und das Heldenthümliche in der Geschichte, S. 225)

Ein Haus ohne Bücher ist arm, auch wenn schöne Teppiche seine Böden und kostbare Tapeten und Bilder die Wände bedecken. (Hermann Hesse, Magie des Buches, S. 42)

Im Bett soll man nur leichte und unterhaltende Lektüre zu sich nehmen, sowie spannende und beruhigende, ferner ganz schwere, wissenschaftliche und frivole sowie mittelschwere und jede sonstige, andere Arten aber nicht. (Kurt Tucholsky, Wo lesen wir unsere Bücher?

Über jedem guten Buche muss das Gesicht des Lesers von Zeit zu Zeit hell werden. Die Sonne innerer Heiterkeit muß sich zuweilen von Seele zu Seele grüßen, dann ist auch im schwierigsten Falle vieles in Ordnung. (Christian Morgenstern, Stufen, S. 59)

Es ist ein großer Unterschied, ob ich lese zu Genuß und Belebung oder zu Erkenntnis und Belehrung. (Johann Wolfgang von Goethe, Goethe’s Werke, S. 494)

Je mehr sich unsere Bekanntschaft mit guten Büchern vergrößert, desto geringer wird der Kreis von Menschen, an deren Umgang wir Geschmack finden. (Ludwig Feuerbach, Frühe Schriften, Kritiken und Reflexionen, S. 556)

Nicht alle Bücher lesen sich auf die gleiche Art. Romane zum Beispiel sind dazu da, verschlungen zu werden. Sie lesen ist eine Wollust der Einverleibung. Das ist nicht Einfühlung. Der Leser versetzt sich nicht an die Stelle des Helden, sondern er verleibt sich ein, was dem zustößt. Der anschauliche Bericht davon aber ist die appetitliche Ausstaffierung, in der ein nahrhaftes Gericht auf den Tisch kommt. (Walter Benjamin, Illuminationen; siehe dazu auch http://juttas-zitateblog.blogspot.de/2012/08/walter-benjamin-uber-romane-lesen.html)

Merke: Es gibt nur sehr wenige Situationen jedes menschlichen Lebens, in denen man keine Bücher lesen kann, könnte, sollte …  Wo aber werden diese Bücher hergestellt? Das ist ein anderes Kapitel. (Kurt Tucholsky, Panter, Tiger & Co, S. 105)

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