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Sonntag, 21. Dezember 2008

Weihnachtsgedicht

Einsiedlers Heiliger Abend

Ich hab’ in den Weihnachtstagen
Ich weiß auch warum -
Mir selbst einen Christbaum geschlagen,
Der ist ganz verkrüppelt und krumm.

Ich bohrte ein Loch in die Diele
Und steckte ihn da hinein
Und stellte rings um ihn viele
Flaschen Burgunderwein.

Und zierte, um Baumschmuck und Lichter
Zu sparen, ihn abends noch spät
Mit Löffeln, Gabeln und Trichter
Und anderem blanken Gerät.

Ich kochte zur heiligen Stunde
Mir Erbsensuppe mit Speck
Und gab meinem fröhlichen Hunde
Gulasch und litt seinen Dreck.

Und sang aus burgundernder Kehle
Das Pfannenflickerlied*.
Und pries mit bewundernder Seele
Alles das, was ich mied.

Es glimmte petroleumbetrunken
Später der Lampendocht.
Ich saß in Gedanken versunken.
Da hat’s an die Türe gepocht,

Und pochte wieder und wieder.
Es konnte das Christkind sein.
Und klang’s nicht wie Weihnachtslieder!
Ich aber rief nicht: “Herein!”

Ich zog mich aus und ging leise
Zu Bett, ohne Angst, ohne Spott,
Und dankte auf krumme Weise
Lallend dem lieben Gott.

Joachim Ringelnatz

* Das Pfannenflickerlied

Ich bin der Pfannenflicker aus der Stadt,
hab immer frohen Mut.
Und wer das Pfannenflicken recht versteht,
der leidet keine Not.

Der Pfannenflicker kennt sich aus,
schreit Pfanne flick-flick-flick
von Haus zu Haus.

Und als er kam vor Nachbars Haus,
eine Mamsell schaut heraus.
Die zeigte ihm ein Pfänndelein,
das Löchlein war zu klein.
Ei Pfannenflicker, nimm dich in Acht,
dass du das Löchelein nicht größer machst.

Und als die Arbeit fertig war,
die Pfanne war geflickt.
Da hat sie ihm ein Silberstück,
wohl in die Hand gedrückt.
Der Pfannenflicker nimmt seinen Hut,
Adieu, Mamsell-sell-sell,
der Flick war gut.

(Aus dem Theaterstück “Der lustige Pfannenflicker”, 1838)

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