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Samstag, 14. März 2009

Winnenden: Menschen und Medien

Von Jochen Kalka, der selbst in Winnenden lebt

"Sie ist pechschwarz, die gesamte Titelseite der "Winnender Zeitung". In riesigen Lettern prangt ein "Warum?" darauf. Acht Sonderseiten widmet die Kleinstadtzeitung mit ihrer verkauften Auflage von 8177 Exemplaren dem schrecklichen Ereignis. Bereits um 7.30 Uhr ist die Zeitung an allen vier Tankstellen der Stadt ausverkauft.

Der kleine Kiosk am historischen Marktplatz hat zu dieser Zeit noch ein paar Exemplare übrig – neben einem gigantischen, über einem halben Meter hohen Stapel von "Bild"-Zeitungen auf dem Tresen. "Das Blutbad" titelt "Bild". Die Geschäfte am Kiosk gehen gut. "Darauf könnt ich verzichten", sagt die ältere Kioskbesitzerin, dann schießen ihr Tränen in die Augen." weiterlesen

Und ich stimme dem Autor des Artikels völlig zu, wenn er schreibt:
Medien sprechen von "Amoklauf". Völlig unreflektiert. Das, was in Winnenden passiert ist, hat mit einem Amoklauf wenig zu tun. Bei einem Amoklauf dreht jemand durch, schießt unkontrolliert wie wild um sich.

Das, was der ganz normale Junge Tim gemacht hat, ist geplanter Mord. Geplanter Massenmord.
Was er im letzten Absatz schreibt, ist nicht zu fassen:
Weil heute alle Schüler gleichzeitig Schluss haben, sind die eigenen Kinder nur schwer zu finden. Die Eltern umarmen ihre Kleinen, als hätten sie sie ewig nicht gesehen. Und wieder fließen Tränen. Tränen, die die vielen Kamerateams abermals einfangen. So wie gestern, als sich selbst spiegel.de nicht zu Schade dafür war, das Video "Eltern in Panik" zu zeigen. Und über das Video von CNN berichtet die "Winnender Zeitung" von heute: Wer den Bericht komplett anschaue, dem empfiehlt You Tube zusätzlich die "Amoklauf-Parodie". Bewertung 4,5 von 5 Sternen
Quelle: http://www.wuv.de/

Zu der Berichterstattung siehe Wie viel Twitter darf es sein? und Twitter und so und die Kommentare dazu. Dort steht zur Medienberichterstattung unter anderem
Aber es gibt sicher noch weitere Kritikpunkte. Warum bspw. werden 10-jährige - offentsichtlich unter Schock stehend - vor eine Kamera geholt und sollen dann in die Kamera sprechen?
und Herr Koma kommt: Der Frauenmord in Winnenden

Was mich wundert, sind die falschen Meldungen, die auch von oberster Stelle verbreitet und unreflektiert übernommen werden. Es gab wohl weder die Ankündigung des Vorhabens im Internet, und auch der Schuldirektor warnte die Schüler und Lehrer nicht mit den Worten "Frau Koma kommt".

1 Kommentar:

  1. Das Geschehene ist schrecklich und überfordert alle. Es steht auch Journalisten und Politikern zu, überfordert zu sein von dem, was da passiert ist.

    Godwi

    Mehr zum Thema:

    http://tonwertkorrekturen.wordpress.com/2009/03/12/winnenden/

    und

    http://tonwertkorrekturen.wordpress.com/2009/03/13/ermittlungspannen/

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