Weihnachten
Bäume leuchtend, Bäume blendend,
Überall das Süße spendend,
In dem Glanze sich bewegend,
Alt und junges Herz erregend –
Solch ein Fest ist uns bescheret,
Mancher Gaben Schmuck verehret;
Staunend schauen wir auf und nieder
Hin und her und immer wieder.
Aber, Fürst, wenn Dir's begegnet
Und ein Abend so Dich segnet,
Daß als Lichter, daß als Flammen
Vor Dir glänzten all zusammen
Alles was Du ausgerichtet,
Alle die sich Dir verpflichtet:*
Mit erhöhten Geistesblicken
Fühltest herrliches Entzücken.
Johann Wolfgang von Goethe
(Aus: Goethe's Werke: Vollständige Ausgabe letzter Hand. Bd. 3, Cotta'sche Buchhandlung 1828, S. 88)
*Auch dieses Gedicht wird im Internet falsch wiedergegeben, vor allem im Hinblick auf die Zeichensetzung. Der größte Fehler aber ist diese Zeile. Manchmal muss man nämlich statt "Alle die sich Dir verpflichtet" "alle, die du dir verpflichtet" lesen. Und das entstellt das ganze Gedicht.
Nachtrag: Ich muss meinen Unmut über den angeblich falschen Vers zerknirscht zurücknehmen, denn heute, fast zwei Jahre später und um viele Rechercheerfahrungen reicher, muss ich feststellen, dass Goethe offensichtlich selbst den Vers ebenso wie die Überschrift geändert hat. Denn in Goethe's sämmtliche Werke in dreißig Bänden (mit der neuen Version des Verses) aus dem Jahr 1850 steht als Überschrift: „Dem Großherzog Carl August am Weihnachts-Abend 1822, mit einer Sammlung Gedichte auf die Gründung der neuen Bürgerschule“. (S. 472)
Hm. Offensichtlich bin ich die erste, der die beiden unterschiedlichen Versionen aufgefallen ist.
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vor 5 Jahren
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