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Sonntag, 23. Januar 2011

Zwei Gedichte der Woche: Lessing über die Faulheit (mit einigen Anmerkungen)


Lob der Faulheit*

Faulheit, endlich muß ich dir
Auch ein kleines Loblied bringen. –
O! – wie – sau – er – wird es mir, ––
Dich – nach – Würden – zu besingen!
Doch ich will mein Bestes thun:
Nach der Arbeit ist gut ruhn.

Höchstes Gut, wer dich nur hat,
Dessen ungestörtes Leben –--
Ach! – ich – gähn', –– ich werde – matt. –
Nun – so – magst du –– mirs vergeben,
Daß ich dich nicht singen kann:
Du verhinderst mich ja dran.

Gotthold Ephraim Lessing

(Aus Karl Wilhelm Ramler: Lieder der Deutschen, 1766)

Vertont von Joseph Haydn (1784). Eine interessante grafische Melodieanalyse des Liedes gibt es hier

Das Lied war auch Beethoven von dessen Freund, dem königlich preußische Capellmeister Bernhard Anselm, zur Vertonung angeboten worden. Dieser hatte deshalb im Winter 1819/20 mit den Worten: ,,Ein Lied von Lessing, welches Sie componiren sollen" das ganze Gedicht aufgeschrieben. (Quelle: Ludwig Nohl: Beethovens Leben, Bd. 3) Warum er das nicht tat, konnte ich allerdings nicht herausfinden.

***

Die Faulheit

Fleiß und Arbeit lob' ich nicht,
Fleiß und Arbeit lob' ein Bauer.
Ja, der Bauer selber spricht,
Fleiß und Arbeit wird ihm sauer.
Faul zu seyn, sey meine Pflicht;
Diese Pflicht ermüdet nicht.

Bruder, laß das Buch voll Staub.
Willst du länger mit ihm wachen?
Morgen bist du selber Staub!
Laß uns faul in allen Sachen,
Nur nicht faul zu Lieb' und Wein,
Nur nicht faul zur Faulheit sein.

Gotthold Ephraim Lessing

(Aus Karl Lachmann & Christlob Mylius (Hrsg.): Gotthold Ephraim Lessings sämmtliche schriften. Neue rechtmässige ausg.... Mit Lessings portrait in stahlstich: bd. Sinngedichte. Epigrammata. Lieder. Oden. Fabeln und erzählungen. Fabeln. Fragmente. Gedichte, so man nach seinem tode ... gefunden)

Vertont von Christian Friedrich Schale (1713–1800)

*Das kommt davon, wenn man zu schnell postet. Inzwischen habe ich eine andere Version des Gedichtes mit dem Wort "itzo" beziehungsweise "jetzo" statt "endlich" gefunden. Und das klingt doch viel hübscher, wie ich finde.

Außerdem gibt es eines neuere Version des Gedichts. Vor allem an der ersten Strophe hat Lessing gefeilt. Er war also doch nicht so faul …

Faulheit, jetzo will ich dir
Auch ein kleines Loblied schenken,
Käm es nur gleich aufs Papier
Ohne lange nachzudenken
Doch, ich will mein bestes tun,
Nach der Arbeit ist gut ruhn.

Höchstes Gut! wer dich nur hat,
Dessen ungestörtes Leben
Wird – ich gähn – ich werde matt -
Nu – So – magst Du mirs vergeben,
Daß ich dich nicht loben kann;
Du verhinderst mich ja dran.

(Aus Sammlung der poetischen und prosaischen Schriften der schönen Geister in Teutschland, Enthaltend Leßings Schrifen, 1776)

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