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Montag, 26. März 2012

Wie Eulenspiegel deß Königs von Polen Schalcksnarren mit grober schalckheit vbermande

Das Sprichwort reimpt sich vberauß
Daß zwen Narren in einem hauß
Gar selten sich vertragen mögen
Wie ich jetzt solches auß wil legen.
Der Eulenspiegel kam in Polen
Als vielleicht hett der König bfohlen
Das weiß ich nicht, doch kam er hin,
Dann welchs land wolt on Narren sin.
Im selben land, wie er hin kam,
Regirt König Cazmir mit nam,
Der hett ein seltzam Abenthewrer
Der war ein Fidler vnd ein Leyrer,
Welchs dann gar wol bey Narren steht,
Vnd heut noch mancher mit vmbgeht.
Wie nun der König hett vernommen
Daß Eulenspiegel an wer kommen,
Der bkant war vom Närrischen wandel,
Dann Denmarck viel mit Polen handelt:
Derhalb war er ein lieber Gast
Hett jn gern gsehen längest fast:
Dann nirgendt nirgendt find meh Narheit platz
Als zu Hof, in dem Narrenhatz
Vnd wo kein Narren sie verschaffen
Da suchens Meerkatzen vnd Affen,
Oder suchen vieleicht ein gscheiden
Der muß sich für ein Narren leiden.
Nun wie an Hof Eulenspiegel kam
Vnd jn deß Konigs Narr vernam,
Da wolt er jnen gar nit leiden,
Er sah wo er jn kundte meiden,
Dann solches ist der Narren art
Daß es keiner dem andern spart
Doch wolt er nit dem frembden weichen,
Es wolt auch kommen schier zu streichen,
Der König merckt darauff vberal,
Ließ sie beid fordern in sein Saal,
Vnd sprach zu jnen, nun wolan,
Jetzt fangt euch recht zu brauchen an
Welcher die gröste narrerey
Vnder euch beyden bringet bey
Die jm nit thut der ander noch,
Den wil ich bgnaden also hoch,
Vnd von fuß auff bekleiden new,
Vnd geben bar noch auch darbey
Demselben der es wird verschulden
Ein zwentzig guter alter gülden,
Doch daß mans gleich jetzunder thu:
Die zween die schickten sich darzu
Vnd trieben narrenthäding viel,
Von gaucklen, springen, affenspiel,
Mit krummen Mäulern vnd zanplecken
Mit lachen, schreyen, zung außstrecken,
Mit Narrenreden, seltzam schwencken
Vnd was nur einer mocht erdencken.
Alls was der Eulenspiegel thet
Das that jm nach der ander stät.
Der König, vnd wer zu jn sah
Die hetten wol zu lachen da.
Dem Eulenspiegel lag im sinn,
Daß er das kleidt vnd gelt gewinn:
Er dacht es kompt nicht allezeit
Daß aß man verdient ein newes kleidt
Du mußt dich brauchen in all weg,
Daß ich das gelt verdienen mög,
Ich wil darumb thun,  was ich sunst
Nit wolte thun vmb grosse gunst,
Dann wer wolt gern doch fressen dreck?
Noch muß ichs essen, wie es schmeck,
Sol ich anders die gaab gewinnen,
Was gelts? wo ers wird essen können!
Secht, wo das gelt vnd der gewin
Nur einen tringt vnd bringet hin!
Also gieng Eulenspiegel drauff
Mitten in Saal, vnd hub sich auff
Dahinden sein kolschwartzes loch
Vnd schiß ein dreck der vbel roch,
Also, daß das gantz Hofgesind
Die Nasen hielten zu geschwindt,
Noch wolten sie nit gehn hinwegk,
Wartten was er mach mit dem dreck
Es was schad Eulenspiegel jmmer
Daß nicht da war das Frawenzimmer:
Noch ließ ers bleiben nit beym scheissen
Er wolt den vnflat baß beweisen,
Er nam ein löffel theilt den dreck
Vnd rufft: Komm her du ander geck
Vnd thu mir nach die leckerey
Wie ich dir jetzt wil zeigen frey,
Vnd nam den löffel fein allein
Vnd faßt den halben dreck darein,
Vnd frißt jn auff, schewt nit darab,
O wie gieng er so glat hinab
Aber er ist gar räß gewesen
Dann er hett Polnisch speiß schon gessen,
Darauff sie machen viel gewürtz,
Das gibt starck Koppen vnd faul fürtz.
Wies Eulenspiegel hett verschluckt,
Den Vogel vngeropfft vertruckt,
So spricht er seinen kämpffer an
Daß er auch solches wöll bestahn,
Gab den Löffel dem andern Narren,
Jetzt magstu dein theil auch auffscharren,
Oder wann dir nit schmackt mein dreck
So scheiß ein eignen, den ich leck,
Den wil ich dir dann helffen essen,
Doch solst auch nit meins drecks vergessen.
Da sprach deß Königs Narr: O nein
Dein nachfolger wil ich nit sein
Der Teuffel thu dir dises noch,
Den lad zu einem solchen gloch,
Vnd solt ich auch gehn nackendt hie
Mein lebenlang, so thu ichs nie
Vnd wann ich auch schon gar erfrür
Eß ich weder von dir noch mir,
Ich acht mich nit der leckerey
Du magst behalten alles frey:
Also mein Eulenspiegel hie
Gewan den kampff nit on klein müh,
Es war jm wie dem hörnen Seyfriedt
Da er mit Diethrich von Bern stritt,
Oder, so ich es sagen darff,
Wie Turno der Aeneam warff,
Oder wie dem Vlysse dort,
Der mit Aiace trieb viel wort.
Man muß das klein mit groß vergleichen
Wann man es wil herfürher streichen.
Der König gab jms gelt vnd Kleid,
Darmit er dann von dannen reitt,
Vnd ward darnach viel mehr beschreitt.

(In Eulenspiegel Reimensweiß. Ein newe Beschreibung vnnd Legendt deß kurtzweiligen Lebens, und seltzamen Thaten Thyll Eulenspiegels, mit schönen neuwen Figuren bezieret, vn nun zum ersten in artige Reimen durch J[ohann] F[ischart] gebracht und lustig zu lesen. Getruckt zu Franckfurt, 1572, S. 65 ff.)

(Die Originalversion eines unbekannten Verfassers mit dem Titel Die .XXIIII. history sagt wie vlenspiegel des künigs von Poln schalcknarren / mitt grober schalckheit vberwand aus dem Jahr 1515 siehe http://de.wikisource.org/wiki/Ein_kurtzweilig_lesen_von_Dyl_Vlenspiegel (zum möglichen Verfasser siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Till_Eulenspiegel) . Eine moderne Version siehe http://gutenberg.spiegel.de/buch/1936/25)

In dieser englischen Version von Till Eugenspiegels 24.* Abenteuer wurde aus der „gröste narrerey“ allerdings „the greatest wish“:

How that Owlglass did have a great contention before the King of Poland with two other fools

While that the noble Prince Casimir, King of Poland, yet lived, there came unto him at his court, good Master Owlglass. And Casimir (blessed be his memory!) did have two fools there, who, in knavery, could not be overcome. And the king of Poland had heard much said of Owlglass, that, in truth, he was not in any way to be quipped or deceived. Nor did Owlglass agree with the fools of the king, and that beheld the king right soon. Then spake the king unto Owlglass and the two fools, saying: „Behold! unto that one of ye the which can wish the greatest wish will I give a coat and twenty gold pieces thereto, and this shall be within my presence.“ Then said the first fool: „I would have that heaven were nothing but paper, and the sea nothing but ink, that therewith might I in figures write down how much money I would have, and that it came unto me.“ The second spake, saying: „I would have as many towers and castles as there be stars in heaven, so that therein might I hold all the money that my fellow here would have.“ Then was it time that Owlglass should speak, and the king thought that in truth he could not wish anything greater. But Owlglass opened his mouth and wake, saying: „I, in truth, would desire that after ye two have made me your heir, that the king would yet on this day hang ye both.“ Thereat laughed the king right merrily, and Owiglass won the coat and the twenty gold pieces, with the which he departed in joy.

(In The marvellous adventures and rare conceits of master Tyll Owlglass, 1860, S. 38 f.)

Eine Version mit dem Titel The 24th story tells of how Eulenspiegel overcame the jester of the King of Poland with an amazing act of foolishness, die dem Original näher kommt, die ich aber aus Urheberrechtsgründen nicht aufnehmen kann, finden Sie hier, und Näheres zu Eulenspiegels 24. Kapitel in B. K. Otto: Fools Are Everywhere: The Court Jester Around the World,  S. 37 ff.

*Das Kapitel wird manchmal auch als 23. Kapitel bezeichnet, was daran liegt, dass es ein 22. nicht gibt.

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